Kurzportrait des grünen Erfurter Schatzes

Brunnenkresse gedeiht in klarem fließendem Wasser. Sie wird in flachen von Wasser durchflossenen Becken kultiviert. Brunnenkresse wächst ganzjährig und wird außer in den Sommermonaten, in denen die Pflanze in die Blüte tritt, geerntet. Sie hat einen delikaten und scharfen Geschmack. Verantwortlich sind Bitterstoffe, Gerbstoffe, Zucker, Ätherische Öle, hier Senföle. Sie ist reich an Mineralstoffen wie Eisen, Jod, Phosphor, Calcium und enthält neben den Vitaminen A, B1, B2, E sehr viel Vitamin C. Ihre Antioxidantien können unseren Organismus schützen und sekundäre Pflanzenstoffe können unser Abwehrsystem stärken.

Brunnenkresse ist das Superfood aus unsrer Region.

Schon in den vergangenen Jahrhunderten galt das Gemüse als wichtiger Vitamin-C-Lieferant durch die im Winter mögliche Ernte.

Da Brunnenkresse sehr an feuchte Bedingungen gewöhnt ist, wird ein baldiger Verzehr empfohlen. Mit Eiswürfeln verpackt oder in Folie im Kühlschrank kann die Kresse bei 3 bis 5 °C knapp eine Woche aufbewahrt werden.

Christian Reichart entwickelte den Anbau in so genannten „Brunnenkreß-Klingern“. Das waren ursprünglich zum Gießen gedachte Bewässerungskanäle. Diese verliefen zwischen niedrigen Böschungen , auf denen Gemüse angebaut wurde.

Nach dieser Art kultivierten Reichart und andere Gärtner Kresse im Dreienbrunnenfeld, nur wenige Schritte vom heutigen Ausflugsziel Erfurter Kressepark entfernt.

Später wurden die Gräben zu Becken ausgeweitet. Diese Form des Anbaus findet man auch heute noch in Europa, z.B. Südengland. Allerdings knüpft sich der Anbau an eine besondere Wasserqualität, nämlich kalkreiches Wasser.

Auch das Erfurter Dreienbrunnengebiet ist eines der wenigen Gebiete in Europa, die Kresseanbau in dieser Form noch ermöglichen. Hier geben die „Silberhüttenquellen“ das Wasser.

Von Erfurt nach Frankreich

Im Jahr 1809 ordnete Napoleon an: ‚Die Erfurter Gärtner Nottrodt und Zungwurst kultivieren bei Paris Brunnenkresse.‘ Frankreich’s Gourmets freuten sich fortan über die neue Delikatesse.

Aber auch deutsche Märkte wurden im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts Brunnenkresse beliefert.

Mit dem Rückgang der Quellschüttungen im Erfurter Dreienbrunnengebiet seit den 1960er Jahren verlor der großflächige Brunnenkresseanbau seine Grundlage. Trotz Anstrengungen konnten die Flächen nicht wieder auskömmlich kultiviert werden.

Lediglich in einer letzten Klinge, die die Familie Fischer nach 1990 wieder mit viel Mühe und Herzblut in Stand setzte, wächst im ersten Drittel noch Kresse. Allerdings lassen Zeitungsberichte wenig Hoffnung: Der Kresseanbau solle aufgegeben werden, heißt es. (TLZ, 29.02.2020)

Das Ende der Kressebautradition in der Geburtsstadt? Fressen die Enten die letzte Kresse? Nein!

Mit fortschreitender Arbeit wird das Wasser klarer, Blasen zeigen den Wasseraustritt an.

„Brunnenkresse-für-Erfurt“

Mit dem Projekt „Brunnenkresse-für-Erfurt“ soll in Erfurt weiter und in nennenswerter Größe wieder Brunnenkresse wachsen. Das ist eine wunderbare Aufgabe, anstrengend aber lohnenswert. Und ich hoffe: Erfurt zieht die Gummistiefel an!

Eine Idee noch: Wie wäre es, in der Klinge, ganz nach Art von Christian Reichart, Brunnenkresse anzubauen? Brunnenkresseklingen, etwa 1,80 m breit, zwischen als langgestreckte Hügel aufgeworfenen Gemüsebeeten. Reichart baute z.B. Artischocken! an, wüchse auch Meerrettich?

Vielleicht wäre dies das schönste Denkmal, das sich dem Pionier des deutschen Erwerbsgartenbaus, dem Erfurter Ratsmeisters und Mensch Christian Reichart setzen ließe.

brunnenkresseblätter
So wunderschön. An einer Ecke probiert die Brunnenkresse, wie das Wasser schmeckt.

Literaturtipps: