Die Erfurter Brunnenkresse gehört zur Identität der Stadt.
Sie ist mehr als ein vortrefflich pfeffriges und einzigartig gesundes Gemüse, das in den kalten Monaten ergrünt. Mit Brunnenkresse verbinden sich persönliche Geschichten der Erfurterinnen und Erfurter, Brunnenkresse ist Teil des Lebens und der Historie dieser Stadt.
Der gewerbliche Brunnenkresseanbau wurde in Erfurt erfunden. Hierfür steht der Name des Pioniers des deutschen Gartenbaus Christian Reichart. Von Erfurt aus führte der Weg auf Frankreichs Teller, da Napoleon seine kulinarische Entdeckung inklusive Gärtner (so wird gemunkelt) nach Versailles mitnahm.
Ziel ist es, Erfurt aber auch allen Genießern ein wertvolles Gemüse und eine regionale Spezialität wieder zu geben. Und ehrlich, meine Motivation ist schlicht: Ich möchte gern Brunnenkresse essen, wann immer sie wächst und ich Lust darauf habe.
Der Weg: eine Erfurter Brunnenkresseklinge wiederbeleben.









Passend regnet es.




Zwischenstand
Das ist geschafft im Sommer 2020: Die Konturen der historischen Kresseklinge konnten wieder freigelegt werden.
Wurzeln, Steine, die die Austrittsregion der Quelle behinderten, sind entfernt. Der Wasseraustritt lässt sich besonders an windstillen Tagen beobachten. Dann malt das hervortretende Wasser wie von Zauberhand Kreise mit kleinen sich immer mehr ausdehnenden Wellen auf die Oberfläche. Der Bewuchs in der Klinge wurde entfernt. Wurzeln von Schilf und Gräsern überzogen bisher den kiesigen Boden. – Aber da müssen wir nochmal ran!
Ebenso beseitigt wurden die Bäume und der Wildwuchs an Sträuchern, deren in den vergangenen Jahren herabfallendes Laub nun als schlickig klebriger Matsch den Boden bis zu 20 cm dick bedeckt. Insbesondere die vielen Brombeeren und anderen stachligen Buschwerke haben die Befreiung der Kresseanlage zu einer schmerzvollen Angelegenheit werden lassen. Aber die Kratzer heilen und das Wasser hat gut gekühlt!
Starke Herren haben Wurzelstöcke beseitigt, um ein erneutes Austreiben der Büsche zu verhindern.
Kurzer Seitenblick im Oktober 2020

Reinigen der Klinge und damit der Kresse Kiesbett bereiten
Der aus Kies bestehende Untergrund der Klinge muss von den natürlichen Ablagerungen, die nun Schlick gebildet haben, gereinigt werden. Eine knifflige Angelegenheit und bis heute nicht ganz gelöst. Schlick und dicke Pampe sind mit Schaufeln und unzähligen Schubkarrenladungen an den Rand transportiert worden. Drei Mal kam ein LKW mit großer Pumpe und hat den ganzen Tag geschnorchelt. Etwa die Hälfte ist geschafft…Uff!



Absicherung des Klingenbeckens
„Die steilen Hänge um die Quellregion sollen mit Natursteinen befestigt werden.“ … So war der Plan. Nur ist dieser im Moment nicht umsetzbar: zu aufwändig, zu teuer. Denn noch ist nicht klar, ob die Brunnenkresse überhaupt ausreichend wächst. :-/
Die Böschungen der Klinge wurden mit Hanfnetzen befestigt. Doch es bleibt schwierig, den Bewuchs in Schach zu halten. das Arbeiten mit einer Motorsende an den steilen Hängen ist recht gefährlich, Teile sind nicht erreichbar.
Instandsetzen des Kressehäuschens
Das schon auf alten Bildern gut zu erkennende Häuschen sollte wieder erstrahlen. Dabei blieb die Kubatur erhalten. Die neue Dachhaube mit den Bibelschwänzen erfreut viele Besucher.
Zukünftig soll der Ort auch dem Verweilen dienen. Auf das Wasser schauen, die Quelle beobachten, der Natur zuhören. Auf der Bank lässt sich gut Platz nehmen.








Schreckmoment II :-0

Mikado für Große



Wer hätte es gedacht?
Seit Oktober 2021 ist so viel Brunnenkresse gewachsen, dass ich begann an meinen freien Samstagen, die erste Brunnenkresse zu schneiden und zu verkaufen. Ich habe tolle Gäste und Kunden, mit denen ich Geschichten und Rezepte austausche.



Wer hätte es gedacht, ein Jahr weiter, Sommer/Herbst 2022: nachdem Samen geerntet und wieder ausgesät wurde, grünt es in einigen Teilen.
Seit September 2022 kann ich wieder alle, die vorbeischauen, mit Kresse erfreuen.

Gemüseanbau an den Böschungen
Christian Reichart hatte seine „Gieß=Klingern“ genutzt, um das auf den Jöhnen (lange hügelbeetartige Dämme) gezogene Gemüse zu bewässern. Um einige Fuß verbreitert nutzte man sie dann gezielt auch zum Kresseanbau und erhielten die Bezeichnung „Kresse=klingern“. Deshalb wäre es ein Traum, künftig Gemüse auf den Hängen der großen Klinge gedeihen zu lassen und so ein Stück weit der Anbau nach Reichart direkt wieder zu erleben. Doch bis dahin ist`s ein weiter Weg.